Eugen hat mir einen ausführlichen Bericht zu seiner Reise nach London mit Schwerbehinderung und Merkzeichen H geschickt. Es war eine Reise mit 1:1 Begleitung.

Da es manchmal auch Fragen zum Thema „Reisen mit Behinderung“ gibt, finde ich diesen Beitrag sehr hilfreich.

Danke an Eugen, für diesen ausführlichen Bericht und die Mühe die er sich damit gemacht hat.

London mit Schwerbehindertenausweis und Merkzeichen H

Anreise

Eine Flugreise kam wegen Flugangst gar nicht in Frage. Daher habe ich die Zugreise mit DB und Eurostar gebucht. Die DB gewährt nur beim Eintrag „B“ im Schwebi-Ausweis eine kostenlose Fahrt für den Begleiter, auch wenn die Einschränkungen bei „H“ größer sind. Das DB-Reisebüro konnte mir nicht helfen. Da der Eurostar reservierungspflichtig ist, das System des Reisebüros aber keine Reservierung über die Bahn vornehmen kann (das London-Special der DB gibt es seit Brexit nicht mehr), habe ich alle Abschnitte selbst gebucht. Zunächst den Teil von Köln bis Brüssel, dann den Eurostar. Gestartet sind wir in Xanten. Aufgrund des SEV und den damit verbundenen Unsicherheiten sind wir schlußendlich am Sonntag bis Köln gefahren und haben dort übernachtet. Am Montag ging es dann ab Köln HBF los. Es gab leider einen Notarzteinsatz vor Aachen, so dass wir mit mehr als 2 Stunden Verspätung in Brüssel Nord angekommen sind. Dann mussten wir mit der belgischen Bahn weiter bis Midi. Eurostar hat uns umgebucht, was zu weiteren 4 Stunden Wartezeit bis zur Abfahrt geführt hat.
Aufgrund der ASS habe ich bei Eurostar um Fast-Track gebeten, da die Passkontrolle etc. wohl zu Panik geführt hätte. Sowohl in Brüssel als auch St. Pancras auf der Rückfahrt hat alles reibungslos funktioniert. Das war eine große Erleichterung.

Unterkunft

Gewohnt haben wir im Studentenwohnheim „Bankside“ der London School of Economics in einem Mini-Apartment (2 EZ, 1 Bad) für knapp 60 Pfund pro Person incl. Engl. Frühstück.. Während der Semesterferien vermietet diese Zimmer unterschiedlicher Kategorien sehr günstig. Bankside liegt direkt hinter der Tate Modern und nur ein paar Minuten zu Fuß von Blackfriars (Southbank exit) entfernt. Mit Thameslink sind es von St. Pancras 8 Minuten bis dort, also auch mit Einschränkungen gut zu bewältigen. Mehr Infos zu den Unterkünften unter www.lsevacations.co.uk

TfL

Für die Reise habe ich die Visitor Oyster Card genutzt, jedoch hauptsächlich, weil sie bunt und ein schönes Andenken ist. Die anderen Rabatt-Karten sind bei Reisen mit Rabatt für Carer nicht nutzbar.

Sightseeing

Wie in Deutschland, entscheidet jede Sehenswürdigkeit selbst, welche Rabatte sie bei Behinderungen anbietet.

Ich habe daher im Vorfeld Buckingham Palace, den Tower of London, Madame Tussauds, Westminster Abbey und St Paul’s angeschrieben. Alle waren bereit, einen deutschen Schwerbehindertenausweis anzuerkennen. Allerdings kam auch oft der Hinweis: Please bring this mail. Buckingham Palace und der Tower bieten ermäßigte Preise bei Behinderung. Bei Buckingham Palace schreibt man eine Mail mit Buchungsnummer und bekommt dann das Carer Ticket per Mail, beim Tower geht man mit dem Ticket für den Besucher mit Behinderung zur Kasse und holt sich dort das Carer Ticket ab.

Madame Tussaud hat keine Ermäßigung, Westminster Abbey und St. Paul’s gewähren Menschen mit Behinderung freien Eintritt. Sie haben eine „self identifying policy“ und stellen die Angaben auch nicht in Frage. St. Paul’s muss man buchen, bei Westminster Abbey konnte ich mit der Mail zur North Entrance gehen. Wenn ein Visitor Guidebook gewünscht war, musste dies bei der Buchung mit angegeben werden. Vor Ort wollte niemand mehr den Schwerbehindertenausweis sehen. Wir haben allerdings auch das Sunflower Lanyard benutzt, mit dem man auf „Hidden Disabilities“ hinweisen kann.

In Deutschland kennt man es offenbar gar nicht, British Airways z.B. nimmt am Programm teil.

Staatstrauer

Buckingham Palace, Westminster Abbey und St. Paul’s haben aufgrund der Staatstrauer geschlossen. Ein Besuch war daher nicht möglich, gezahlte Eintrittsgelder wurden bzw. werden erstattet (bei Zahlung per Kreditkarte ohne eigenes Zutun). St. Paul’s und Westminster Abbey waren nur für private prayer geöffnet, allerdings nur über langes Anstehen zu erreichen. Genauso bei Southwark Cathedral. Darauf haben wir verzichtet. St. Bartholomew the Great war leider wegen Filmaufnahmen geschlossen. U-Bahn Westminster konnte man nur Richtung Embankment verlassen. Westminster war ab Big Ben mit meterhohen Metallwänden abgesperrt, ebenso Trafalgar Square. An der Westminster Bridge hat man auf der Südseite vor dem Covid Memorial eigentlich einen guten Punkt für Fotos mit Big Ben. Auch dort war abgesperrt. Die komplette Southbank war für „the Queue“ eingerichtet und sich gegen den Strom zu bewegen war schon ziemlich aufregend. Freunde, die in London leben, haben sich eingereiht und 10 Stunden gebraucht, für uns war das keine Option.

Wir haben uns über Embankment und Piccadilly an St. Jame’s Palace vorbei zum Buckingham Palast vorgearbeitet. Es gab nur eine Richtung mit Hunderten anderer Pilger, dann durch Green Park, an der Parkmauer von Buckingham Palace entlang ganz rum, bis man einen Blick erhalten konnte. Die obligatorischen Fotos haben wir dann von der Brücke im St. Jame’s Park gemacht. Anschließend haben wir in der Krypta von St. Marin in the Fields gegessen und die Chance genutzt, uns in ein Kondolenzbuch einzutragen und ein geistliches Konzert als Lament for the Late Queen zu besuchen. Das war jetzt eher den persönlichen Interessen geschuldet, nicht als Ersatz für den Besuch im Buckingham Palace.

Dies und Das

Bargeld habe ich gar nicht benutzt, sondern immer über die Genial Card mit Apple Pay zahlen können. In St. Martin’s wird gar kein Bargeld mehr akzeptiert.
Empfehlen kann ich auch die Mikrobrauerei Anspach&Hobday in Bermondsey. Ich kenne sie schon ein paar Jahre. Wir haben uns im Borough Market eingedeckt, kann man dann dort bei einem Bier verzehren. Zu Fuß ist man vom Borough Market in gut 20 Minuten dort. Sie haben jetzt ein Nitro-Porter gebraut, das durchaus mit Guinness mithalten kann.  Nach deutschem Vorbild gibt’s ein Rauchbier und ein „Kölsch“.

Harry Potter

Aufgrund der Kosten haben wir die Warner Brother Studios nicht besucht. Allerdings hatten wir die Millennium Bridge sozusagen vor der Haustür und auch auf dem Borough Market ist gefilmt worden. Natürlich waren wir in Kings Cross und dort im Shop. In diesem Fall war das ausreichend und hat nicht überfordert. In unserem Fall war es sinnvoller, mit einem Meal Deal in einem Park zu sitzen als irgendwo lange in der Schlange zu stehen, zumal aufgrund persönlicher Gegebenheiten auch ein Tablett beim Buffett nicht getragen werden konnte.

Millenium BridgeDie großen Museen bieten Ruheräume oder haben andere Hilfen für Besucher mit Autismus. Wie immer sind die Angebote sehr unterschiedlich und nicht immer leicht zu finden. Der Buckingham Palace hat sehr viele Informationen. In unserem Fall haben wir kein Museum besucht, da nur dreidimensionale „Kunst“ wirklich wahrgenommen werden konnte. An Architektur bestand ein großen Interesse und London hat da ja wirklich viel zu bieten. In der Krypta von St. Martin in the Fields die Steine fühlen zu können war ein Erlebnis, das im Buckingham Palace so nicht zu haben gewesen wäre.

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